Singen ist Silber, Schweigen ist Gold - Bob Dylan im Treptow
17.09.1987
Es
hätte
ein
ganz
normales
Event
im
Westen
Berlins
werden
können,
eines
von
ganz
vielen,
dieses
Dylan-Konzert
im
Spätsommer
1987
in
der
West-Berliner
Waldbühne.
Doch
der
Vorverkauf
war
unbefriedigend
und
Fritz
Rau,
der
alte
Haase,
hatte
da
eine
Idee:
In
beiden
Stadtteilen
wird
gerade
750
Jahre
Berlin
begangen
und
so
bietet
Fritz
Rau
der
Künstleragentur
der
DDR
und
der
FDJ
dieses
Konzert
für
den
Treptower
Park
als
Open-Air
und
Friedenskonzert
an.
Die
einen
erhoffen
sich
vom
„Meister“
systemkritische
Äußerungen
und
die
anderen
ein
paar
salbungsvolle
Worte
für
den
Weltfrieden.
Doch
zunächst
mal
pilgern
an
diesem
17.
September
1987
rund
70000
Jugendliche
aus
allen
Teilen
der
Republik
und
der
Hauptstadt
der
kleinen
DDR
in
den
Treptower
Park.
Wir
aus
Elsterwerda
sind
mit
den
Autos
bis
Altglienicke
gefahren
und
dort
in
die
S-Bahn
gestiegen.
In
unseren
Herzen
schwingt
eine
riesige
Vorfreude
auf
eine
Legende,
deren
Lieder
wir
abends
am
Lagerfeuer
und
manchmal
auch
auf
kleinen
Bühnen
gesungen
hatten.
Heute
nun
stehe
ich
in
dieser
unüberschaubaren
Menschenmenge,
von
riesigen
Baumkronen
umgeben,
und
warte
auf
einen,
dem
die
Mythen
und
seine
genialen
Lieder
vorauseilen.
Punkt
19.°°
Uhr
betritt
Roger
McGuinn,
der
Mann,
der
einst
die
Stimme
der
BYRDS
als
amerikanische
Antwort
auf
die
Beatles
war,
die
riesige
Bühne
im
Treptower
Park.
Auf
diesen
Moment
hatte
ich
so
lange
gewartet
–
endlich
diesen
Sound
live
und
in
Farbe.
McGuinn
muss
diesen,
meinen
(unseren)
Wunsch
geahnt
haben,
denn
gemeinsam
mit
den
Heartbreakers
und
Tom
Petty
gibt
er
uns
beinahe
authentisch
die
BYRDS,
so
als
stünden
sie
alle
Fünf
da
oben.
Sie
singen
von
den
„Eight
Miles
High“
(Acht
Meilen
hoch),
vom
„Rock’n’Roll
Star“,
der
man
gern
sein
möchte.
Sie
geben
uns
Pete
Seeger’s
Hymne
„Turn,
Turn,
Turn“
und
natürlich
jenen
Dylan-Song
mit
dem
eindeutig-zweideutigen
Lyrics
„
Mr.
Tambourine
Man“.
Von
mir
aus hätte es das sein können!
Danach
greift
Tom
Petty
mit
seiner
Band
in
die
Seiten
mit
Songs
aus
seinem
damals
aktuellen
Album
„Let
Me
Up“
und
auch
aus
„Damn
The
Torpedoes“
-
knackiger
Rock’n’Roll
im
Stil
der
frühen
1960er,
in
die
1980er
transformiert.
Das
klingt
grundsolide, rockig und war sicherlich auch die Anregung für Bob Dylan, mit den Heartbreakers auf Welttournee zu gehen.
Doch
nun
wollten
wir
IHN
endlich
auch
livehaftig
haben
mit
dieser
Tourband
und
vielleicht
ist
es
sogar
so,
dass
die
Luft
an
jenem
Abend
von
Hoffnungen
und
Träumen
schwanger
war.
Es
hätte
zu
unserer
Vorstellung
von
Dylan
gepasst.
Zu
meiner
allemal.
Der
Mann,
der
diese
Hoffnungen
und
Träume
zu
großen
Teilen
symbolisierte
kommt
gegen
21.°°
Uhr
auf
die
große
Bühne
am
Ende
der
Wiese
und
singt.
Er
steht
da
in
seinem
weißen
Hemd,
presst
mit
seiner
nuschelnde
Stimme
seine
Hymnen
in
das
Mikrofon
und
er
tut
dies,
ohne
auch
nur
einen
einzigen
Ton
zu
uns
zu
sprechen.
Er
singt
von
„Maggie’s
Farm“
und
vom
„Shelter
From
The
Storm“
(Schutz
vor
dem
Sturm),
wir
hören
endlich
die
sarkastische
Story
vom
Girl
„Like
A
Rolling
Stone“
und
„Simple
Twist
Of
Fate“
sowie
„Ballad
Of
A
Thin
Man“.
Dann,
nachdem
er
vielleicht
zehn
Songs
gesungen
hat,
geht
er
und
lässt
sich
doch
noch
einmal
auf
die
Bühne
klatschen,
rufen
und
pfeifen,
um
diesen
einen
Song
zu
spielen:
„Blowing
In
The Wind“ - that’s all.
Doch
dann
war
es
das.
Er
geht
ohne
ein
Wort
gesprochen
zu
haben,
weder
ein
kritisches
zum
Westen
noch
eines
vom
Weltfrieden.
Ein
stummer
(störrischer?)
Prediger?
Er
gibt
niemandem
das,
was
sie
möglicherweise
erhofft
hatten
und
bleibt
sich damit wieder einmal selbst treu: Ich bin Bob Dylan und sonst niemand – you know!
Mir
ist
es
ehrlich
gesagt
egal,
Wurscht!
Bin
ich
doch
nicht
wegen
eines
Friedensstatements
gekommen
und
750
Jahre
Berlin
waren
mir
so
Schnuppe,
wie
der
berühmte
Sack
Reis
in
China.
Ich
bin
gekommen,
um
den
Mister
„Tambourine
Man“
spielen
zu
sehen,
der
mir
sogar
„Blowing
In
The
Wind“
mit
auf
den
Weg
nach
Hause
gibt.
Vier
Wochen
vorher
hätte
ich
mir
das
noch vor einem Poster sitzend von Platte anhören müssen.
Die
S-Bahnen
stadtauswärts
sind
proppevoll
mit
Menschen,
ich
wiederum
mit
Musik.
Die
ist
mir
bis
heute
im
Ohr
geblieben
und
die
Erinnerungen
an
eines
der
ersten
richtigen
Rock-Konzert
in
der
DDR
auch.
Bob
Dylan
habe
ich
in
den
Nachwendejahren
immer
mal
wieder
live
erlebt
und
es
war
immer
etwas
ganz
besonderes.
Die
Magie
von
1987
allerdings
wird wohl auf ewig unerreicht bleiben, zumindest in meiner Erinnerung.