Black Sabbath – das finale Ende 08.06.2016
Der
letzte
„Schwarze
Sabbath“
in
Deutschland
ist
gefeiert.
Die
Spots
sind
erloschen,
alle
Regler
runter
auf
Null
gefahren.
Auch
der
letzte
Fan
im
neuen
Sabbath-T-Shirt
hat
den
wunderschönen
Trichter
der
Waldbühne
verlassen.
Als
letzter
Gruß
war
in
rosaroten
Lettern
„The
End“
auf
der
Bühnenrückwand
zu
lesen.
So
eine
Party,
gleich
wo
und
wann,
wird
es
bald
nicht
mehr geben. In Berlin aber war ich dabei, einer von mehr als zwanzigtausend Besuchern.
Das
war
vor
knapp
fünfzig
Jahren
in
dieser
Form
nicht
zu
ahnen.
Als
1970
„Paranoid“
die
Transistoren
der
Kofferradios
erhitzte,
kam
ich
gerade
aus
Berlin
zurück,
ohne
die
Uniform
der
NVA.
Die
18
Monate
Fahne
waren
Geschichte
und
Black
Sabbath
beginnen
gerade
mit
„Paranoid“
selbige
zu
schreiben.
Wir
sprachen
von
Hard
Rock.
Heavy
Metal
war
noch
nicht
geboren,
von
all
den
anderen
Untergenres,
von
Speed
Metal
bis
zur
Mutation
Grunge,
ganz
zu
schweigen.
BLACK
SABBATH
spielten
in
einer
Liga
mit
Deep
Purple
und
den
bluesig
wilden
Led
Zeppelin.
Doch
BLACK
SABBATH
waren
schwerer,
langsamer,
düsterer
und
sie
haben
den
Okkultismus
und
das
Böse
im
Rock
salonfähig
gemacht.
Sie
waren
damit,
Alice
Cooper
mal
ausgeklammert,
einzigartig.
Sie
wollten
wie
Blue
Cheer
sein,
hatte
Ozzy
einst
gesagt,
nur
viel
lauter
und
besser.
Sie
haben
es
geschafft,
wie
wir
heute
wissen.
Ein
junger,
von
Rockmusik
begeisterter
Mann
in
der
kleinen
DDR,
war,
zumindest
gedanklich,
stets
dabei.
Er
hat
die
Rocker
1999,
höllisch
laut
und
brachial,
doch
noch
live
erleben
dürfen
und
beim letzten Konzert in Berlin wollte er unbedingt auch noch einmal dabei sein:
Inmitten
einer
sich
träge
bewegenden
Menschenmasse
gehe
ich
die
leicht
ansteigende
Straße
bis
zum
Haupttor
nach
oben.
Danach
den
kurzen
Weg
unter
den
Bäumen
durch
und
stehe
urplötzlich
am
Rand
eines
gewaltigen
trichterförmigen
Areals.
Unter
meinen
Füßen
öffnet
sich
die
Weite
und
Stufen
führen
terrassenförmig
von
hier
steil
abwärts.
Zwei
Stunden
vor
dem
eigentlichen
Haupt-Act
des
Abends,
ist
die
Anlage
schon
zu
gut
zwei
Dritteln
mit
tausenden
Besuchern
aufgefüllt.
Es
ist
ein
Bild
der
Ruhe
und
dennoch
wie
ein
Blick
in
einen
gigantischen
offenen
Ameisenhaufen.
Ich
bin
zum
ersten
Mal
hier
und
fasziniert
von
dieser
Größe
und
deren
Schönheit
inmitten
der
vielen
grünen
Bäume.
Hier
also
geschah
damals
jenes
Horrorkonzert
mit
den
Stones,
jagt
es
mir
durch
den
Kopf,
und
dann
steige
ich
in
kurzen
Schritten
die
flachen
Steinstufen
nach
unten.
In
der
oberen
Reihe
des
unteren
Drittels
findet
sich
ein
Plätzchen.
Ich
bin
total
verschwitzt,
aber
glücklich.
Eine
Stunde
lang
kann
ich
nun
in
aller
Seelenruhe
beobachten,
wie
sich
der
Konzertkessel
bis
auf
den
allerletzten
Stehplatz
bis
zum Bersten füllen wird.
Doch
noch
ist
es
taghell.
Die
Lücke
bis
zum
Start
der
Alt-Rocker
müssen
die
RIVAL
SONS
aus
den
USA
füllen.
Die
fünf
Jungs
aus
Long
Beach
in
Kalifornien
machen
mächtig
Radau.
Ein
Gitarrist,
der
in
einer
Stunde
mindestens
fünf
Mal
die
Gitarre
wechselt,
ein
langer
Typ
mit
Zylinder
und
einem
halben
Meter
Bart
hüpft
vor
den
Tasten
und
ein
Frontmann,
der
die
ganze
Bandbreite
zwischen
Paul
Rodgers,
Ian
Gillan
und
Robert
Plant
auszufüllen
versucht.
Der
Versuch
bleibt
einer,
aber
ansonsten
geben
sich
die
„rivalisierenden
Söhne“
musikalisch
keine
Blöße.
Respekt
und
verdienter
Applaus
vom
Auditorium
für eine knappe Stunde knackige Vorspeise.
Pünktlich,
kurz
nach
Acht,
ist
es
endlich
soweit.
Plötzlich
steigt
die
Spannung,
es
knistert
im
Rund
und
auf
der
LED-Wand
im
Bühnenhintergrund
wandelt
sich
zartes
Rosa
in
brennende
Magie.
Jetzt
beginnt
der
Teufel
mit
dem
Feuer
zu
tanzen.
Bis
vor
wenigen
Sekunden
saßen
alle
noch
brav
auf
den
Bänken,
klebte
der
Po
an
einem
ausgewählten
Platz.
Doch
in
diesem
Moment
steht
alles
und
jeder,
gleich
auf
und
in
welchem
Örtchen
er
eben
noch
gesessen
hatte.
Zwanzigtausend
stehen
wie
ein
Mann,
beide
Arme
mit
Faust
zum
Teufelszeichen
in
Richtung
Bühne
geballt,
zur
Begrüßung
ihrer
„Sabb
Four“.
Was
für
ein
beeindruckendes
Bild,
was
für
ein
Fanal.
Gänsehaut
dort,
wo
ich
eben
noch
die
Bank
spürte,
als
die
wohlbekannten
Glockenschläge
das
Titelstück
„Black
Sabbath“
ankündigen,
nach
dem
sich
die
Band
aus
Birmingham
einst
neu
benannt
hatte.
Ganz
in
schwarz
gekleidet
betreten
sie,
begleitet
vom
Chor
der
Massen,
die
Bühne.
OZZY
allen
voran,
die
anderen
hinterher
und
plötzlich
fühle
ich,
dass
diese
drei
Urgesteine,
beinahe
die
letzten
der
noch
lebendigen
Sex
&
Drugs
&
Rock’n’Roll
–
Revoluzzer
sind,
die
unter
der
strahlenden
Abendsonne
ein
brachial
düsteres
Metallgewitter
entfachen.
Die
Gitarre
donnert
ihre
Riffs
gegen
die
Bankreihen
und
ein
Bass
wie
eine
Stahlramme
rüttelt
an
unseren
Gliedern.
OZZY
schwingt
sich,
rhythmisch
vor
dem
Mikro
wackelnd,
zu
alter
Form
auf
und
klingt,
als
wäre
er
nach
all
den
Exzessen
einem
Jungbrunnen
entstiegen.
Gerade
noch
hatte
ich
die
Nachrufe
auf
diesen
und
jenen
vernommen,
verabschiedeten
sich
irgendwelche
selbsternannten
„Rocklegenden“
zum
x-ten
Mal,
doch
die
„Fürsten
der
Finsternis“
klingen
quicklebendig,
sind
unheimlich
explosiv
und
treten
dennoch
ab.
Endgültig.
Es
ist
der
blanke
Wahnsinn,
aber
auch
die
wilde
Magie
einer
langsam
aussterbenden Musikepoche von Dinos!
Auf
den
Rängen
unter
mir
tobt
ein
ganzer
Block
von
Sabbath-Fans
und
von
der
Bühnenkante
fordert
sie
Meister
OZZY
immer
wieder
auf:
„Show
me
your
fucking
hands!“
und
dann
fliegen
alle
Arme
ihm
entgegen,
während
da
oben
rotzig
„Fairies
Wear
Boots“
aus
Metallakkorden
gestanzt
wird
und
OZZY
nunmehr
„You’re
fucking
spezial“
ins
Mikro
röhrt.
Die
Musik
einer
längst
vergangenen
Epoche,
meiner
Jugendjahre,
brennt
sich
in
diesen
Minuten
noch
einmal
live
ins
Bewusstsein
der
hier
Anwesenden
ein,
während
auf
den
LED-Schirmen
die
lodernden
Bilder
dazu
gemalt
werden.
Es
scheint,
als
würde
Satan
höchstpersönlich
der
Zeremonie
in
der
Waldbühne
seinen
Segen
geben
wollen,
während
die
„Stiefel
tragenden
Feen“
wie
wild dazu tanzen.
OZZY
OSBOURNE,
ein
Jahr
älter
als
ich,
ist
der
wieder
auferstandene
Zeremonienmeister
der
Show,
während
TONY
IOMMI
mit
seiner
Gitarre
die
schweren
Riffs,
wie
aus
Lava,
dazu
schmiedet.
Der
hatte
sich
als
Teenager
im
Stahlwerk
die
Fingerkuppen
der
rechten
Hand
gequetscht,
was
dem
Linkshänder
beim
Gitarrespiel
Schmerzen
bereitete.
Also
formte
er
sich
Schutzkappen
aus
Plaste
und
stimmte
seine
Gitarre
tiefer,
um
die
Spannung
der
Saiten
zu
verringern.
Der
typische
Sound,
der
Riffs
wie
Stempel
in
eine
glühende
Matrize
presst,
war
geboren.
Gemeinsamen
mit
den
metallisch
peitschenden
Bassläufen
von
GEEZER
BUTLER
lieferten
BLACK
SABBATH
in
ihren
frühen
Jahren
reihenweise
die
Blaupause
für
alles
an
Schwermetall
im
Rock,
was
danach
kommen
sollte.
Vor
allem
die
ersten
Alben
der
Band
sind
für
viele
das
Nonplusultra
schwermetallischer
Rockmusik.
Genau
das
bringen
sie,
mit
Unterstützung
von
Drummer
TOMMY
CLUFETOS,
auch
an
diesem
Abend
auf
die
Bühne
hier
in
Berlin.
Urwüchsiger
Rock,
brachiale
Power
und
ein
„fucking“
gut
aufgelegter
Shouter
mit
einer
dichten
Haarpracht,
die
fast
jeden
seines
Alters,
mich
inklusive,
vor
Neid
schier
erblassen
lässt.
Zwar
wird
es
heute
Abend
nicht zu hören sein, ich jedenfalls fühle mich wie „Going Insane“.
Die
folgenden
reichlich
neunzig
Minuten
bekommt
jeder
Einzelne
im
Rund
genau
das,
weswegen
er
oder
sie
hier
ist
–
die
fetten
Riffs
der
frühen
Jahre,
die
Breaks,
denen
die
messerscharfen
Soli
aus
den
Gitarrensaiten
folgen
und
ein
Ur-Gestein
von
freundlichem
Bösewicht
am
Mikrofon,
der
uns
immerzu
„fucking“
lieb
hat
und,
das
habe
ich
als
ehrliche
Geste
empfunden,
gleich
zwei
Mal
live
vor
uns
Fans
auf
die
Knie
geht
und
sich
bedankt.
Da
hätte
ich
zurückrufen
wollen:
„Love
you too, Ozzy!“.
Einer
der
Höhepunkte
sind
die
„War
Pigs“,
die
Kriegsschweine
und
der
„schlimmste
Satan“,
wie
es
der
Bassist
der
Band
einmal
formulierte.
Im
Text
heißt
daher,
dass
„sich
die
Politiker
verstecken,
während
der
Krieg
tobt,
den
sie
begonnen
haben“.
Wie
BLACK
SABBATH
diesen
Song
live,
unter
dem
Klang
der
kreischenden
Gitarre
und
dem
Donner
der
Bass-Saiten,
von
der
Bühne
schmettern,
ist
beeindruckend.
Und
wieder
malen
die
LED-WÄNDE
die
entsprechenden
Bilder,
einer
im
Feuer
verbrennenden
Gitarre,
dazu.
Ich
genieße,
auf
der
Bank
stehend,
„Behind
The
Wall
Of
Sleep“
und
werde
dabei
von
hunderten
glotzenden
Augen
aus
dem
Bühnenhintergrund
angestarrt.
Die
letzte
Messe
dieser
Schwermetaller
aus
Birmingham ist in vollem Gange.
Wenig
später
jagt
GEEZER
BUTLER
sein
Bass-Solo
durch
„N.I.B.“
und
kurz
darauf
gibt
es
„Rat
Salad“,
dem
Drummer
TOMMY
CLUFETOS
mit
einem
fast
zehn
Minuten
krachenden
Schlagzeugfeuerwerk
die
Metall-Krone
aufsetzt.
Zeit
genug
für
die
drei
Urgestein
OSBOURNE,
IOMMI
&
BUTLER,
sich
hinter
der
Bühne
einen
Saft
(oder
doch
Whisky?)
zu
gönnen.
Der
eine
powert
sich
fast
vollständig
aus,
die
drei
älteren
Herrschaften
holen
inzwischen
tief
Luft
und
als
sie
wieder
nach
vorn
kommen,
kracht
der
„Iron
Man“
laut
grollend
aus
allen
Rohren.
Die
Bäume
hoch
oben
über
den
Rängen
drohen
von
dem
Druck
ihr
noch
frisches
Grün
zu
verlieren.
Es
ist
zwar
(und
leider)
nicht
der
„Sabbath
Bloody
Sabbath“,
aber
gefühlt
sind
wir
dem
alle
verdammt nah.
Unten
im
Oval
wogt
und
tobt
ein
Meer
von
Köpfen
und
nach
vorn
ausgestreckten
Armen.
Es
fasziniert
mich,
dabei
zuzuschauen,
aber
dort
unten,
wo
der
Kessel
brodelt,
möchte
ich
jetzt
nicht
sein.
Bei
aller
Freude
hier
in
den
Rängen
zu
stehen,
ertappe
ich
mich
bei
dem
Wunsch,
dass
ich
das
alles
sehr
gern
auch
schon
in
den
goldenen
1970er
Jahren
hätte
erleben
wollen,
als
diese
Magie
und
meine
Knochen
noch
einiges
an
Zeit
jünger
waren.
Doch
schon
einen
Moment
später
blasen
sie
mir
mit
„Children
Of
The
Grave“
solche
Gedanken
einfach
wieder
aus
dem
Kopf.
Die
Bühne
färbt
sich
in
dunkelblaues
Licht,
zehn
glühende
Saiten
schwingen
und
TONY
lässt
seine
Gitarre
wild
aufjaulen.
OZZY
mobilisierst
noch
einmal
mit
rhythmischen
Hey-Rufen,
die
laut
aus
dem
Auditorium
beantwortet
werden.
Dann
krachen
die
letzten
Akkorde
aus
den
Boxen,
IOMMI
wirft
sein
Plektrum
einem
Fan
zu
und
im
Rund
erschallen
laute
Rufe:
Oh-Hey-Oh-Hey-Oh-Ho!!
Ist
das
schon das Ende, so wie es in lodernden Lettern auf dem Bühnenhintergrund zu lesen ist?
Nein,
ist
es
nicht,
denn
Zeremonienmeister
OZZY
höchstpersönlich
animiert
das
Auditorium
mit
ihm
gemeinsam
laut
nach
„one
more
song“
zu
rufen
und
das
kann
eben
nur
dieser
eine
sein,
„Paranoid“.
Auf
der
Gitarre
von
IOMMI
brennt
das
Jahrhundertriff,
ein
erlösender
Schrei
löst
sich
aus
den
20.000
Kehlen
und
dann
kracht
es
nur
noch:
„Can
you
help
me
occupy
my
brain?“
und
dann
alle
„Oh
Yeah!“.
Die
Bank
unter
mir
wippt
im
Takt
und
ich
brülle
laut
mit:
„I
need
someone
to
show me things in life that I can’t find“. (Ich brauche jemanden, der mir Dinge im Leben zeigt, die ich nicht finden kann.)
Ich
wiege
mich
überglücklich
inmitten
der
Massen,
denn
ich
habe
gefunden.
Nach
so
vielen
Jahren
noch
einmal
BLACK
SABBATH,
noch
einmal
das
Original.
Schade
nur,
dass
weder
Purple
noch
LedZep
in
gleicher
Weise
zu
haben
sind.
Dann
wäre mein ganz persönlicher heavy Hard-Rock-Dreier perfekt und vollständig.
Unten
winken
die
Musiker
uns
zu,
verbeugen
sich
und
verschwinden
hinter
schwarzen
Vorhängen.
Der
letzte
Sabbath
ist
gefeiert,
die
Zeremonie
am
Ende
und
die
Straßen
der
Stadt
draußen
wahrscheinlich
knackevoll.
Zeit,
sich
zu
setzen,
alles
sacken
zu
lassen
und
diese
Mixtur
aus
Glück
und
Wehmut
noch
ein
wenig
zu
genießen,
während
sich
ein
Lindwurm
tausender
nass
geschwitzter
Körper
wieder
in
alle
Himmelsrichtungen
und
aus
der
Anlage
wälzt.
Jedes
der
eben
gehörten
Stücke
war
mindestens
vierzig
Jahre
alt
und
nicht
ein
einziges
nur
einen
Tag
jünger!
Hier
und
heute
war
mein
Platz,
denn
„I
sold my soul for Rock’n’Roll“!
P.S.: Danke meinem „Langzeitkumpel“ Hans-Georg, ohne den ich das nicht hätte erleben können.