Emotionale Entführungen mit Bayon
14.11.2014
Es
gibt
sie
noch,
die
Musik,
die
sich
einfach
allen
gängigen
Kategorien,
Schubladen
und
Nähkästchen
der
Pop-Industrie
entzieht,
elegant
und
leise.
Tatsächlich
gibt
es
noch
Musik,
die
sich
diesen
Zwängen
verweigert
und
dennoch,
des
guten
Geschmacks
und
der
Bildung
wegen,
eigentlich
viel
populärer
sein
sollte,
weil
sie
Emotionen
in
die
Tiefen
der
Seele
entführen
kann,
als
nur
in
flache
seichte
Gewässer.
Musik,
wie
ich
sie
hier
meine,
macht
nicht
vordergründig
atemlos,
sie
kann
aber
im
Idealfall
sprachlos,
weil
glücklich
und
friedvoll
machen.
Sogar
ohne
eine
einzige
gesungenes
Zeile
oder
einen
Refrain.
Für
flüchtige
Charterfolge
ist
sie
deshalb
völlig
ungeeignet,
für
das
Leben
aber
unabdingbar
und
wertvoll,
so meine feste Überzeugung.
Die
Musik
von
BAYON
gehört
zu
meinen
ersten
Erfahrungen
deutscher
Rockmusik.
Sie
hat
mich
früh
geprägt,
mich
verleitet,
anders
hören
zu
lernen.
Vielleicht
hat
der
alte
Goethe
ein
wenig
nachgeholfen,
denn
auch
der
war
ja
in
Weimar,
wo
BAYON
1971
gegründet
wurde,
zu
Hause.
Wenn
Goethe’s
Erben
auf
die
Gesandten
von
Prinz
Sihanouk
treffen,
kann
nur
etwas
Unerhörtes
und
bis
dahin
ungehörtes
herauskommen.
Für
mich
persönlich
repräsentiert
BAYON
eben
nicht
nur
die
in
Musik
verschmolzenen
unterschiedliche
Kulturen,
für
mich
lebt
BAYON
auch
das
normale
und
schöpferische
Miteinander
des
scheinbar
Unterschiedlichen
vor
und
sie
spielen
eine
Musik,
die
das
spiegelt.
Sie
zu
hören,
ist
für
mich
ein
Eintauchen
in
und
ein
Teilhaben
an
diesem
Mikrokosmos
von
CHRISTOPH
THEUSNER,
Gitarre,
und
SONNY
THET,
mit
dem
Cello.
Deshalb
nutze
ich
gern
jede
Möglichkeit,
die
sich
mir
bietet,
die
beiden
Ausnahmemusiker
gemeinsam
zu
hören.
Wenn
dann
noch
der
Sohn
des
verstorbenen
Ringo
W.
Stilke,
DENIS
STILKE,
am
Schlagzeug
Platz
nimmt
und
JUSTO
GABRIEL
PEREZ
die
Flöte
zum
Mund
führt,
die
Bongos
klingen
lässt,
dann
steht
einem der seltenen Konzerte von BAYON nichts mehr im Wege.
Mit
der
Musik
von
BAYON
gelingt
es
einerseits,
eine
beeindruckende
Performance
am
Tagebauloch
bei
Gut
Geisendorf
für
tausende
begeisterte
Zuschauer
zu
feiern
und
andererseits
im
intimsten
Ambiente
fassbare
Nähe,
wie
im
eigenen
Wohnzimmer,
zuzulassen.
Gleich
wie,
stets
ging
ich
im
Hochgefühl
des
Erlebten,
um
danach
doch
wieder
hungrig
auf
ein
weiteres
Mal
zu
sein.
Diesmal
fahre
ich
bis
Dresden
und
es
ist
so
ziemlich
alles
anders,
als
noch
vor
kurzem.
Bis
auf
das
steife
Umfeld
eines
Hörsaales
mit
seinen
sich
nach
oben
hin
stapelnden
Reihen
von
Klappstühlen.
Es
ist
sogar
der
gleiche
Platz,
auf
dem
ich
im
März
2009
dem
Spiel
von
Fermata
aus
Bratislava
lauschte
-
zwei
völlig
verschiedene
Bands
am selben Platz, aber der gleiche hohe Anspruch an die wortlosen Inhalte. Parallelen gibt’s!
Fünf
Herren
betreten
den
Hörsaal.
Fünf
Herren
nehmen
Platz,
stimmen
noch
einmal
die
Instrumente
und
dann
kündigt
CHRISTOP
THEUSNER
die
„Suite
V“
an.
Nur
diese
Ankündigung
genügt,
um
mich
wie
in
den
1970er
Jahren
zu
fühlen.
Endlich
wieder
fast
eine
halbe
Stunde
allerfeinste
Unterhaltung
am
Stück,
das
ultimative
Meisterwerk
der
Band,
wenn
man
mal
den
„Tanz
der
Apsara“
(2008)
außen
vor
lässt.
Die
Suite,
eigentlich
eine
Übertragung
unterschiedlicher
Elemente
von
Rock
bis
Swing
in
ein
Gewand
kammermusikalischer
Strukturen
für
Gitarre
und
Cello,
beginnt
verträumt
und
leise.
So
als
wolle
man
den
Zuhörer
zunächst
erst
an
die
Hand
nehmen,
um
ihn
zu
entführen.
Doch
schon
bald
bestaunen
wir
eine
hinreißende
Solo-Einlage
von
SONNY
THET,
die,
verbunden
durch
eine
Percussionseinlage,
der
Gitarre
von
CHRISTOPH
THEUSNER
Raum
für
einen
Solo-Ausflug
schafft.
Der
lässt
seine
Finger
rasant
über
die
Bünde
tanzen
und
fabriziert
einen
Hauch
von
Swing
in
den
Hörsaal.
Nach
jeder
Solo-Einlage
spendiert
das
sachkundige
Dresdner
Publikum
Applaus.
Mein
kleiner
Höhepunkt
der
„Suite
V“
sind
jene
Passagen,
in
denen
SONNY
ebenfalls
zur
Gitarre
greift
und
gemeinsam
mit
CHRISTOPH
synchron
gespielte
Läufe,
in
unterschiedlichen
Anschlagtechniken,
fabriziert.
Spätestens
jetzt
sind
alle
Grenzen
von
Genres
offen
und
nur
noch
fließend,
was
uns
auch
DENIS
STILKE
in
unnachahmlicher
Manier
mit
seinem
Rhythmus-Instrumentarium
demonstriert.
Die
knappe
halbe
Stunde
vergeht
in
einem
Rausch
exotischer
Klänge,
lateinamerikanisch
inspirierter
Rhythmen
und
europäischer
Melodieführung,
die
sogar
liedhaft
schlicht
bezaubern
können
und
dann
wieder
sinfonisch
ausklingten,
den
Emotionen
eine
Pause
gönnend.
Ich
bin,
wieder
einmal,
weg
und
alle.
Gedanklich
schließt
sich
für
mich
ein
gewaltiger
Bogen
von
einem
Konzert
im
Jahre
1977, über die Performance am Tagebaurand bis hin zu diesen Augenblicken hier in Dresden.
Nach
einer
kleinen
Pause
bekommen
wir
mit
„El
Camino“
eines
der
ganz
frühen
Stücke
aus
dem
Jahre
1972
zu
hören.
BAYON
hatte
das
Stück
als
Auftragswerk
für
die
X.
Weltfestspiele
geschrieben,
doch
den
Kulturoberen
war
es
wohl
zu
unkonkret,
nicht
fassbar,
zumal
ohne
Text.
Eine
andere
Band
aus
Berlin
erhielt
den
Zuschlag,
aber
das
flockige
Flötenmotiv
von
„El
Camino“
überdauerte
als
Ohrwurm
die
Jahrzehnte
und
begeistert
mit
seinen
Samba-Rhythmen
immer wieder neu.
Ein
kleiner
Hinweis
von
SONNY,
„jetzt
würde
Mark
Knopfler
eine
seiner
sieben
Gitarren
nehmen“,
und
dann
erleben
wir
live,
wie
CHRISTOPH
THEUSNER
seine
Gitarre,
der
Khmer
Pentatonik
entsprechend,
neu
stimmt.
BAYON
haben
ein
über
1300
Jahre
altes
Khmer-Motiv
für
sich
entdeckt,
es
überarbeitet
und
als
„Angkor“
–
Trilogie
auf
ihre
CD
„Tanz
der
Apsara“
gebracht.
Dieses
wunderschöne
Kleinod,
das
vom
Klang
des
Cello
dominiert
wird
und
vom
Reichtum
seiner
Melodien
lebt,
kann
in
die
Tiefen
der
Seele
abtauchen,
kann
jeden
berühren,
kann
weich
und
zerbrechlich
machen.
In
Zeiten
lauter
und
vordergründiger
Effekthascherei
ist
dieses
Stück
Klang
wie
Balsam
für
die
Seelen,
wie
Medizin,
die
uns
langsamer
werden
lassen
kann.
SONNY
THET
zelebriert
virtuose
Cello-Klänge,
lässt
sie
entstehen
und
schweben,
damit
man
in
sie
eindringen
kann.
JUSTO
PEREZ
fügt
ein
Flötenmotiv
hinzu
und
die
Motive
beginnen
sich,
ineinander
zu
verweben.
Es
ist
wie
eine
Reise
nach
Angkor,
zu
dieser
Region
im
fernen
Kambodscha
mit
seinen
einzigartigen
Tempelanlagen.
Hier
kann
man,
wie
beim
Klang
der
meditativen
Musik,
zur
Ruhe
kommen.
Das
Thema
wird
im
„Epilog“
weitergeführt
und
von
der
Flöte
übernommen,
ehe
es
wieder,
vom
Celle
gespielt,
ausklingt.
Den
Abschluss
der
Trilogie
bildet
der
„Tanz
der
Apsara“.
Es
ist
ein
Tanz
der
Instrumente,
die
das
Thema
noch
einmal
verspielt
umgarnen.
Diese
reichliche Vierteilstunde von der Band live gespielt zu erleben, ist jedes Mal ein besonderer Genuss.
Mit
„Capriccio“,
„Rundgang“
und
„Cha
Facil“
folgen
drei
kürzere
Stücke,
wobei
uns
CHRISTOPH
zum
„Rundgang“
(durch
die
kleine
DDR)
wieder
eine
besondere
Geschichte
zur
Entstehung
präsentiert,
die
uns
alle
wieder
einmal
schmunzeln
lässt.
Zurück
in
jene
Zeit
führt
uns
auch
die
Musik
zum
Film
“Tiefer
blauer
Schnee“
(1981).
Der
Streifen
entstand
nach
dem
gleichnamigen
Kinderbuch
von
Horst
Beseler
und
BAYON
spielte
die
beiden
Stücke
„Herbst“
und
„Winter“
dafür
ein.
Beide
hören
wir
live
gespielt
und
wieder
sind
es
zwei
synchron
gespielte
Gitarren,
die
mich
begeistert
lauschen
lassen.
Das
Konzert
endet
mit
„La
Taberna“
(Die
Kneipe),
einem
Stück
von
THEUSNER,
zu
dem
ihn
das
Studium
des
Spiels
der
Spanischen
Gitarre
inspirierte.
Als
er
da
vor
mir
sitzt
und
spielt,
kann
ich
direkt
seine
Zupftechnik
bestaunen
und
erleben,
wie
im
stummen
Zwiegespräch
mit
SONNY
THET
die
Einsätze
„abgesprochen“
und
kleine
Raffinessen
„verabredet“
werden.
Da
sitzen
zwei
Meister
ihres
Faches,
die
sichtlich
Freude
am
Spiel
haben
und
es
genießen,
mit
ihren
Partnern
am
Bass,
ROBERT
BARDIN,
Perkussion
und
Flöte
gemeinsam
zu
musizieren.
Sie
zelebrieren
über
45
gemeinsame
Bandjahre
ohne
laut
und
aufdringlich
in
den
Ring
zu
steigen.
Es
sind
die
intimen
und
leiseren
Töne,
die
länger klingen und auch so wirken.
Wer
BAYON
live
erlebt,
der
bekommt
eine
ungewöhnlich
intensive
Fusion
von
konzertanter
Gitarren-
und
Cellomusik
zu
hören,
die
sich
Facetten
unterschiedlichster
Genres
bedient,
sie
zeitweise
auch
in
sinfonische
Strukturen
packt,
um
sie
dann
wieder
in
ostasiatischen
Folk-Klängen
aufzulösen
und
frei
schweben
zu
lassen.
Irgendwann
nannte
Peter
Gabriel
diese
Melange
Weltmusik
doch
da
hatte
sich
die
Band
BAYON
in
der
kleinen
engen
DDR
schon
längst
wieder
aus
diesem
Korsett
befreit.
Die
wir
hier
in
Dresden
dem
Konzert
lauschen,
wissen
um
jene
Besonderheit
und
honorieren
diese
Leistung
mit
frenetischem
Applaus.
BAYON
spielen
aus
der
„Suite
IV“
die
„Barcarole“
und
damit
eines
meiner
Lieblingsstücke,
das
man
auch
auf
dem
Album
„Suite“
(1980)
hören
kann.
Ganz
zum
Schluss
noch
„Echos“,
ein
Stück,
das
CHRISTOPH
THEUSNER
gemeinsam
mit
Hermann
Naehring
für
sein
erstes
Solo-Projekt
„Klangbilder“
von
1989,
eingespielt
hat.
Dieses
Album
ist
aber,
wie
viele
andere
auch,
in
seiner
öffentlichen
Wahrnehmung
dem
neuen
Zeitgeist
und dessen Götzen geopfert worden. Leider.
Ginge
es
nach
rein
marktorientierten
Parametern,
dürfte
es
BAYON
als
Band
schon
längst
nicht
mehr
geben
und
wir
wären
um
einen
wertvollen
Diamanten
in
der
Kunst
ärmer.
Zum
Glück
sind
die
Musiker
der
Band
alle
einzigartige
Könner
und
BAYON
„nur“
ihre
gemeinsame
Leidenschaft,
die
wir
Liebhaber
ab
und
an
irgendwo
im
Lande
genießen
können.
Wer
eine
solche
Chance
hat,
sollte
sie
nutzen,
denn
jedes
der
Konzerte
ist
ein
einzigartiges
Erlebnis
und
Kraftquell
für
unsere
Seelen
gleichermaßen.
Für
Momente
der
inneren
Einkehr
kann
man
die
Hast
außen
vor
lassen,
sich
dem
Genuss
einmalig
schöner
und
kraftvoller
Musik
hingeben,
um
dann
wieder
selbst
erstarkt,
das
Leben
meistern
zu
können
–
das
und
noch
einiges
mehr
ist
für
mich
BAYON
–
Musik
und
nunmehr
schon
seit
45
Jahren.
Es
hätte,
nach
so
vielen
erfolgreichen Jahren, ein Jubiläumskonzert werden oder sein können. Eines zum Jubeln ist es allemal geworden.