Altmann & Kugel – Noten für Namen
08.04.2017
In
der
Nähe
von
Halberstadt,
versteckt
hinter
dem
kleinen
Örtchen
Langenstein
und
wie
in
die
Hügel
eingeklemmt,
befindet
sich
eine
Stätte
der
Ruhe
und
des
Gedenkens.
Das
ehemalige
KZ
Langenstein-Zwieberge
war
eine
Außenstelle
von
Buchenwald.
Auch
hier
verübte
die
Spezies
Mensch
am
Menschen
Verbrechen.
Auch
hier
geschahen
Gräueltaten,
die
einen
erschaudern
lassen
müssen.
Dies
nicht
in
Vergessenheit
geraten
zu
lassen,
ist
für
uns
alle
auch
eine
kulturelle
Aufgabe.
Kunst
bewegt,
sie
wirkt
emotional
und
sie
erreicht
uns
in
den
Herzen.
Deshalb
gibt
es
auch
die
„Tage
der
Begegnungen“,
die
der
Förderverein
der
Gedenkstätte
alljährlich
durchführt
und
auf
diese
Weise
die
Gespräche
zwischen
den
Generationen
am
Laufen
hält.
Teil
dieses
Konzeptes
ist
ein
kleines
Konzert.
Musik,
die
aufrütteln
und
die
Emotionen
lebendig
halten
möchte.
zum Vergrößern bitte auf die Fotos klicken
Wenn
zwei
Ausnahmemusiker
sich
treffen,
um
gemeinsam
ihr
Können
miteinander
zu
verflechten,
darf
man
auf
ein
besonderes
Erlebnis
hoffen.
Erst
recht,
wenn
sich
beide
im
Jazz
und
der
Improvisation
zu
Hause
fühlen.
Nun
ist
Jazz
nicht
unbedingt
meine
Hausmarke,
ich
höre
die
Spielart
so
oft,
wie
ich
ein
Glas
Whisky
trinke.
Aber
der
muss
dann
eben
auch
von
edler
Herkunft
sein.
Genau
das
fasziniert
mich
an
WARNFRIED
ALTMANN
auch,
um
im
Bilde
zu
bleiben,
und
wenn
der
mit
einem
einfühlsamen
Mann
an
den
Percussionsinstrumenten,
wie
KLAUS
KUGEL,
zusammen
trifft,
dann
kann
es
magisch
werden.
Die
versteckte
Moritzkirche
am
gleichnamigen
Platz,
nahe
der
Altstadt,
ist
ein
passender
Ort,
den
sich
der
Förderverein
ausgewählt
hat,
heute
der
im
KZ
Langenstein-Zwieberge
Gequälten
und
Ermordeten
zu
gedenken.
„Noten
für
Namen“
steht
über
einem
Event,
dem
ich,
in
Zeiten
wie
diesen,
auch
einmal
einem
Rock-Konzert
dem
Vorrang
geben
möchte.
In
den
heiligen
Kirchenmauern
liegt
irgendwie
eine
besondere
Spannung.
Die
schlichten
romanischen
Mauern
von
St.
Moritz
beherbergen
ein
ebenso
unauffälliges
Inneres.
Nur
eine
barocken
Orgel
und
ein
großes
Schnitzrelief
über
dem
Altar,
ziehen
die
Blicke
der
Eintretenden
an.
Unter
den
beiden
gotischen
Rundleuchtern
ist
ein
beinahe
unscheinbares
Percussions-Set
aufgebaut
und
als
alle
in
den
hölzernen
Bänken
ihren
Platz
gefunden
haben,
treten
die
beiden
Musiker
nach
vorn.
Es
ist
still,
totenstill.
Ganz
langsam
schleicht
sich
ein
leises
Zirpen,
Schellen
und
Schwirren,
von
den
Glöckchen
und
Becken
kommend,
in
die
Stille,
beginnt
sie
aufzulösen
und
den
anschwellenden
sanften
Tönen
des
Saxophons
zu
öffnen.
Das
Kircheninnere
füllt
sich
mit
Schwingungen.
Als
wäre
er
ein
Magier,
so
gleiten
die
Hände
von
KLAUS
KUGEL
über
sein
Percussions-Arsenal
und
entlocken
ihm
immer
neue
Nuancen.
Sogar
der
Bogen
eines
Cello
wirkt
durch
ihn
wie
ein
Zauberstab.
Die
schwingenden
Facetten
vermischen
sich
mit
warmen
Klängen
vom
Saxophon.
WARNFRIED
ALTMANN
steht
mit
geschlossenen
Augen
daneben
und
entlockt
seinem
Instrument
ständig
neue
Melodien
und
Akzente,
die
sich
leicht
über
die
entstehenden
Rhythmen
heben.
Das
Ganze
dauert
Minuten
lang,
verändert
und
entwickelt
sich
und
wird
schließlich
zum
brausenden
Klangorkan,
der
sich
unter
das
Dach
des
Gotteshauses
presst,
ehe
er
wieder
in
sich
zusammenfällt,
um
für
neue
Improvisationsideen Platz zu schaffen.
Selbst
als
man
annehmen
könnte,
eines
der
fließenden
Stücke
wäre
beendet
und
ein
neues
beginnt
sich
zu
entwickeln,
kommt
niemand
auf
die
Idee,
Beifall
zu
spenden.
Viel
zu
groß
ist
die
aufgebaute
Spannung,
die
etwas
Fesselndes
in
sich
birgt.
Die
Neugier
zwingt
auch
mich,
jedes
Detail
aufzusaugen
und
ja
nichts
zu
verpassen.
So
entdecke
ich
mittendrin
das
Thema
einer
„Sarabande“,
komponiert
von
Johann
Sebastian
Bach
für
ein
Cello,
dessen
sich
WARNFRIED
ALTMANN
mit
seinem
Saxophonspiel
angenommen
hat,
um
es
in
seine
Improvisationen
einzuarbeiten.
Ein
anderes
Mal
ist
es
eine
Melodie
aus
dem
Koran,
die
in
einem
evangelischen
Gotteshaus
ein
Teil
der
Improvisation
wird.
Es
ist
einfach
faszinierend,
für
mich
aber
auch
ein
Gefühl
des
Glücks,
diese
Feinheiten
im
Spiel
beider
Musikanten
zu
erkennen
und
sich
daran
zu
erfreuen.
Mein
Sohn würde jetzt sagen „Geil!“, ich habe Gänsehaut.
Inzwischen
sind
schon
locker
30
Minuten
vergangen,
aber
die
Spannung
im
Spiel
von
Percussion
und
Saxophon
hat
nicht
einen
einzigen
kleinen
Moment
nachgelassen.
Im
Gegenteil,
sie
wird
immer
wieder
überraschend
neu
aufgebaut.
Mal
leise,
verspielt
und
beinahe
zärtlich
verweben
sich
das
Spiel
beider
und
dann
wieder
aufbrausend
laut
wie
Donner,
frech
und
in
Spitzen glaube ich sogar ein aggressives Saxophon zu vernehmen. Es ist einfach irre!
Und
dann
plötzlich
spielt
KLAUS
KUGEL
nur
noch
ganz
leise
mit
den
Schellen
und
Glöckchen.
Aus
einer
Tasche
holt
WARNFRIED
ALTMANN
eine
Maultrommel
und
deren
Klang
bildet
mit
dem
der
Glöckchen
das
Fundament
für
den
a
capella
–
Gesang
des
Straßenliedes
„Kehr
heim“.
Dieses
Lied
hatte
mich
vor
zwei
Jahren
schon
bei
einer
Vernissage
in
der
Stadtkirche
St.
Martini
beeindruckt.
Damals
in
einer
fast
zehnminütigen
Langversion,
die
mir
beinahe
den
Atem
nahm.
Seither
ist
mir
dieses
Kleinod
nicht
mehr
aus
dem
Sinn
gegangen.
Diesmal
bindet
WARNFRIED
eine
Strophe
in
die
heutige
Performance
ein
und
macht
mich
damit
glücklich.
Ich
habe
einfach
nur
draufgehalten,
den
Moment
konserviert
und
mich
an
seinem
Gesang
und der Wirkung der Worte erfreut:
Es liegt etwas auf den Straßen im Land umher,
in Welschland und in Britannien und am Meer,….
Ich hab auf den Straßen verlaufen sieben Paar Schuh,
mein Stecken blieb immer derselbe, mein Herz dazu,
ich wanderte sieben Jahre durch Regen und Sonnenlicht,
und die Straßen wussten mein Glück und sagten es nicht...
… alle Straßen im Lande sagen: ‚Kehr heim!’ „
In
diesen
Minuten
vergesse
ich
die
Zeit,
fühle
mich
eingebunden
und
mitgenommen
vom
intensiven
Spiel
der
beiden
Musiker
vor
dem
Raum
mit
dem
holzgeschnitzten
Relief
im
Hintergrund.
Ohnehin
ist
mir,
als
würde
diese
Umgebung
auf
uns
alle
nicht
ohne
Wirkung
sein.
Zeit
spielt
plötzlich
keine
Rolle
mehr
und
mit
der
Musik
kommen
die
Assoziationen
und
sehr
persönlichen
Gedanken.
Dass
am
Ende
eine
Stunde
fesselnder
Improvisationsklänge
vergangen
sind,
merke
ich
erst
mit
dem
Blick
auf
meine
Uhr.
Das
Duo
ALTMANN
&
KUGEL
verbeugt
sich
dankend
und
wird
mit
Applaus
überschüttet,
was
eine
kleine Zugabe zur Folge hat. Dann ist (leider) schon Schluss.
Ehe
wieder
Stille
in
diese
Mauern
einkehrt,
darf
jeder
eine
Spende
in
einen
Hut
geben.
Mit
dem
Geld
lässt
man
Namenstafeln
fertigen.
Die
Geschundenen
im
Lager
Langenstein-Zwieberge
sollen
nicht
als
Namenlose
in
der
Geschichte
versickern.
Das
Anliegen
ist
auch
Teil
unserer
Verantwortung,
die
wir
die
dunkle
Zeit
deutscher
Geschichte,
dank
unserer
späteren
Geburt,
nicht
selbst
miterleben
mussten
und,
wenn
wir
uns
richtig
einbringen,
auch
nicht
mehr
erleben
werden.
Doch
das
ist
beiweitem
nicht
allein
oder
gar
im
Selbstlauf
zu
erreichen.
Diese
Gedanken
müssen
lebendig
gehalten
und
weiter
getragen
werden.
So
möchte
ich
auch
meine
Zeilen
verstanden
wissen,
deshalb
habe
ich
dieses
Konzert
„Noten
für
Namen“ in der Moritzkirche besucht.